Überwintern im Süden vs Überwintern im Norden Teil 4

Dies ist nun der letzte Teil unserer Artikelreihe Überwintern im Norden vs Überwintern im Süden.

Falls du erst jetzt einsteigst und nicht weißt, worum es geht, lies am besten zunächst den ersten Teil. Dort beschreiben wir den „Versuchsaufbau“ zum Experiment.

Die Artikelserie setzt sich zusammen aus insgesamt 4 Erfahrungsberichten:

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Überwintern im Süden vs Überwintern im Norden ist das Thema des Fotovergleichs. Jeden Tag, soweit Fotos vorhanden sind, stelle ich zwei Fotos zur Wahl. Das erste entstand heute, das zweite heute vor einem Jahr. Im letzten Winter waren wir in der Algarve, diesen verbringen wir in Norddeutschland. Was gleich ist: Wir leben im Wohnmobil, im Mercedes Benz Kurzhauber.

⇒ Hier geht´s zum Fotovergleich

[dropcap]L[/dropcap]eider war es uns diesen Winter nicht vergönnt unsere Zeit in angenehm klimatisierten Regionen der Erde zu verbringen, oder möglicherweise interessantere Orte in Deutschland anzusteuern, da wir in unserer alten Heimat Bremen eine lange To-Do-Liste abzuarbeiten hatten.

So standen wir vor der Wahl uns für die Zeit des Winters entweder ein Zimmer zu suchen, oder aber unser Fahrzeug auch in der kalten Jahreszeit zu nutzen.

Wir haben uns für den Kurzhauber entschieden. Zu sehr sind wir wohl schon an das Leben im Wohnmobil gewöhnt.

Am einfachsten wäre es vielleicht gewesen, einen festen Stellplatz zu suchen, wenn wir schon ortsgebunden sind.

Gedanklich nahe liegt da wohl ein Campingplatz oder Wohnmobilstellplatz. Doch diese kommen für uns meistens nicht in Frage. Nicht nur aus finanziellen Gründen. Sondern auch wegen des dort zelebrierten Lifestyles. Mit dem können wir uns einfach nicht identifizieren.

Auch das Parkverhalten auf Wohnmobilstellplätzen ist schwierig für uns. Dort wird meistens eng nebeneinander gestanden, was dazu führt, dass wir durch die Fenster nur noch Weiß sehen und es noch dunkler im Wagen wird.

Wir haben nicht wirklich intensiv gesucht und deshalb auch keine andere Möglichkeit gefunden in – oder um – Bremen für längere Zeit zu parken. Deshalb standen wir viel an der Bordsteinkante oder hielten uns auf weniger stark frequentierten Wohnmobilstellplätzen im Umland auf.

Bremen

Überwintern im Norden: Wetter

Es ist schon irre, welchen Einfluss das Wetter auf das Leben hat.

Um es vorweg zu nehmen: Richtig repräsentativ für einen Winter war dieser Winter bei uns im Norden Deutschlands nicht. Länger anhaltende Frostperioden blieben uns erspart, genauso wie ergiebige Schneefälle.

Trotzdem war das Wetter ein wichtiger Faktor, der einen wesentlich größeren Einfluss auf unser Leben nahm, als es zum Beispiel im Winter davor – den wir komplett in Portugal verbracht haben – der Fall gewesen war.

Als gravierend haben wir das mangelnde Licht und den fast völligen Verlust der Farben in der Natur empfunden. Oft beherrschte die Farbe Grau in allen Schattierungen den Blick aus dem Fenster. Gelegentlich gemischt mit einigen Brauntönen – und wenn es hoch kam sahen wir auch mal weißen Nebel. Die wenigen Freuden die einem so blieben, waren die bunten Fahrzeuge, die vorbei rasten.

Gerade im Winter haben wir – als Fußgänger, Hundebesitzer und Fahrradfahrer – den Verkehrswahnsinn als sehr anstrengend empfunden. Verständlicherweise haben sich die Radfahrer vom Autoverkehr auf den Bürgersteig vertreiben lassen und nerven dort nun die Fußgänger.

Das Grau verlockte nicht gerade dazu vor die Tür zu gehen und wir haben uns die Zeit oft mit digitalem Nomadentum vertrieben.

Leider mussten wir feststellen, dass unsere vierbeinige Begleiterin Lucy sich nicht viel aus Internet macht und sie zum Lesen mit ihren fast 6 Jahren noch etwas zu jung ist.

Somit ließen sich Außenaufenthalte nicht vollständig vermeiden. Aber irgendwie sind wir auch dankbar, dass Lucy uns immer wieder überreden konnte, mit ihr nach draußen zu gehen. Sie sorgte dafür, dass uns nicht vollends die Decke auf den Kopf gefallen ist.

Mit dem Rad zum Gas holen
Mit dem Rad zum Gas holen

Überwintern im Norden: Logistik

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Paramater war die Geschichte mit der Ver- und Entsorgung.

Wir waren bemüht unser fast 50 Jahre altes Fahrzeug nicht dem Streusalz auf den Straßen auszuliefern.

Damit nicht nur wir, sondern auch möglicherweise spätere Besitzer, noch hoffentlich weitere 50 Jahre Freude mit ihm haben werden.

Leider konnten wir es uns oftmals nicht aussuchen, wann wir wo hin fahren.

Denn das Thema Versorgung, bzw. Energie – gerade wenn man keinen festen Stellplatz hat – bedeutet einen nicht zu unterschätzenden logistischen Aufwand.

Unsere Plätze um Bremen sind so beschaffen, dass wir zwar zum Batterien laden an die Steckdose kamen, aber die Ver- und Entsorgungsstation wegen Frostgefahr abgestellt war.

Und wo wir Gas kaufen konnten, konnten wir die Toilette nicht entleeren und wo der Generator hinter dem Auto laufen konnte, war kein Supermarkt in der Nähe, usw.

95% der gefahrenen Kilometer sind darauf zurück zu führen, dass wir fahren mussten, weil irgendeine Ressource erschöpft war. Und nicht weil wir fahren wollten.

Wohnmobilstellplatz Kleinsiel
29.12.14 Wohnmobilstellplatz Kleinsiel

Stromversorgung im Winter

Aufgrund des wissenschaftlich noch wenig erforschten Phänomens, dass die Sonne im Winter ihren Einstrahlwinkel erheblich verringert, stellt der stolze Besitzer einer eigentlich recht groß dimensionierten Solaranlage fest, dass der Ertrag in der dunklen Jahreszeit ein Witz ist und nicht ansatzweise dazu taugt ausreichend elektrische Energie zu liefern.

Dadurch ist uns krass bewusst geworden, dass im Rahmen der Solarförderung seitens der Bundesregierung auf eine Technologie gesetzt wird, die einen Schildbürgerstreich vermuten lässt und damit in erster Linie die chinesische Solarmodulproduktion und die damit verbundene Ausbeutung von Rohstoffen und Arbeitskräften in China unterstützt wird.

Oder anders ausgedrückt, würdest du ein Auto kaufen, das nur von April bis Oktober fährt?

Wir mussten also zubuttern. Entweder in Form einer Landstromversorgung (Steckdose) oder aber mit proportional zum Sinken der Sonne steigenden Generatorbetriebsstunden.

Generatorstrom ist teuer und laut. Und Benzin ist eine weitere Ressource die in Kanistern heran geschafft werden muss.

Der gelegentliche Betrieb eines Generators ist auch eine sehr zweifelhafte Möglichkeit die Energieversorgung zu sicherzustellen.

Gerade herkömmliche Batterien (Blei/Säure, AGM) nehmen auf Dauer Schaden, wenn man sie nicht zumindest gelegentlich einmal wieder komplett voll lädt.

Dies ist nur möglich wenn man sie 12 Stunden, besser länger, mit der passenden Ladespannung versorgt.

Zugegeben, dass könnte man theoreitsch auch mit einem Generator bewerkstelligen, wir halten es aber für nicht praktikabel – weil es kein Spaß ist, über einen so langen Zeitraum den permanenten Brummton im Ohr zu haben und weil es auch ziemlich teuer ist.

Und nicht nur, dass so ein rumbrummender Generator Anwohnern, Passanten und Nachbarn oft ein Dorn im Auge ist, sondern auch für uns selbst.

Gerade, wenn wir ihn nicht weiter weg stellen können. Weil es regnet. Dann ist es eine sehr nervenaufreibende Angelegenheit, ihn unter dem Auto über mehrere Stunden laufen zu lassen.

Hundebabys

Überwintern im Norden: Soziale Kontakte

Irgendwie scheinen sich auch alle anderen Menschen im Winter zu Hause zu verkriechen. Wer kann, haut ab und verbringt die Zeit irgendwo im Warmen (verständlich).

Wir haben kaum Gleichgesinnte getroffen. Freunde hatten wenig Zeit in ihrer Freizeit. Das Leben im Winter in Deutschland findet drinnen statt. In der Algarve war das ganz anders. Dort trafen wir an jeder Ecke auf andere Wagenbewohner. Wir saßen tagsüber und auch abends zusammen – draußen. Auch dieser Aspekt ist wohl dem Wetter geschuldet.

Bremen

Überwintern im Norden vs Überwintern im Süden: Lebensqualität

Die Lebensqualität in Portugal ist doch um ein Vielfaches Höher als in Deutschland.

Jedenfalls nach unseren Maßstäben.

Der Raum, die Weite, die Luft, die Farben, das Wetter. Aber auch die Menschen. Es ist dort alles so viel entspannter.

Mir macht dort auch das Einkaufen mehr Freude. Obst und Gemüse, selbst im Discounter schmecken viel besser. Und das Angebot auf den Bauernmärkten ist kein Vergleich zu einem deutschen Wochenmarkt.

Reiseplanung Finanzen

Überwinntern im Süden: Kosten

Und nun zum Geld.

Wir haben Buch geführt.

Was kostet ein Winter in Deutschland und wie viel kostet es im Vergleich dazu, nach Portugal zu fahren?

Die relevanten Kosten für uns sind:

[tie_list type=“checklist“]

  • Diesel
  • sonstige Reisekosten, wie Maut
  • Stellplatzgebühren
  • Wasser
  • Gas
  • Strom
  • Krankenversicherung

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Uns hätte es 500,00 Euro gekostet nach Portugal zu fahren

Deutschland 2014/15Portugal 2013/14
Diesel430,00 €1.720,00 €
Reisekosten0,00 €36,00 €
Stellplatz30,00 €0,00 €
Wasser3,00 €2,00 €
Gas272,00 €74,00 €
Strom164,00 €0,00 €
Krankenversicherung843,00 €411,00 €
Gesamt1.742,00 €2.243,00 €

*Es ist natürlich eine sehr persönliche Auswertung, die unseren ganz individuellen Umständen entspricht.

Einkaufen: Die Kosten für die Lebenshaltung sind (jedenfalls für uns) in Portugal und Deutschland recht ähnlich.

Diesel: Im Winter in Portugal sind wir 5.660 km Auto gefahren. Im Winter in Deutschland immerhin auch 1.140 km, obwohl wir uns nur im Raum Bremen aufgehalten haben.

Strom: Den Anschaffungspreis für den Generator von Euro 330,00 haben wir anteilig in die Stromkosten eingerechnet (20%).

Wir haben im Winter in 24 Stunden ca. 50 Ah verbraucht. Bei einer Bordspannung von ca. 12 V. Daraus ergibt sich ein Stromverbrauch von ca. 600 Wh = 0,6 kWh pro Tag. Das ergibt bei ungefähr 5 Monaten (ca. 150 Tage) 90 kWh, die wir diesen Winter verbraucht haben.

Da der Solarertrag fast zu vernachlässigen war, stammt dieser Strom fast ausschließlich aus dem Generator, oder ist gebührenpflichtiger Strom von einem Wohnmobilstellplatz.

Das heißt also:

164,00 Euro für 90 kWh Strom = 1,82 Euro pro kWh

Der erste Schnee für diesen Winter
Der erste Schnee für diesen Winter

Überwintern im Norden: Fazit

[tie_list type=“starlist“]

  • Die Norddeutsche Tiefebene ist im Winter unbewohnbar.
  • Deutschland ist ein schnelles und hektisches Land, zumindest in den Ballungszentren (und davon gibt es ja recht viele).
  • Wären wir nicht ortsgebunden gewesen, hätten wir schönere Plätze in Deutschland aufsuchen können – Stadt ist nicht unser Ding.
  • Ein fester Stellplatz hätte uns das Überwintern im Norden vielleicht erleichtert.
  • Das Auto hat den Winter gut überstanden.

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Werden wir es wieder machen?

Und du?

Wenn dich das Überwintern in Portugal 500,00 Euro kosten würde, was würdest du machen?

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Kommentare zum Beitrag

16 Gedanken zu „Überwintern im Süden vs Überwintern im Norden Teil 4“

  1. Interessanter Artikel. Wir werden heuer den Winter in Spanien verbringen. Bietet da Portugal Vorteile und in welcher Gegend?
    Wir bevorzugen eine einsame Gegend vor einem Trubel am Strand.

    Klaus und Michaela
    Freundschaft aller Völker

    Antworten
  2. Huhu….tolle Story
    Ich Wir verfolgen euch ja schon seit einiger Zeit und freuen uns immer,wenn wir Rat und Tat lesen dürfen..Weiter so….
    Unsere Geschichte beginnt im Juni 2015…Nicht einmal ein Jahr später haben wir einen eigenen kleinen Alki…Das „Oedddlmobil“….Und nun nimmt alles langsam….Oder relativ schnell Fahrt an…auf…
    So long….Im November geht’s los….Und Portugal ist definitiv dabei
    Und klar….FÜR 500 Euro….Wäre man ja doff wenn nicht…Wir haben allerdings von Grund aus mit mehr kalkuliert (meine Frau ist bei der Banknoch)…
    Also das doppelte in etwa….Mal mehr mal weniger….Was sagt IHR dazu?Realistisch…Bei einem minimalistischen Lebensstil den wir führen
    Liebe Grüße

    Antworten
  3. Hallo Steffi,
    Danke für diesen Selbstversuch. Für uns ist das Ergebnis klar. Die 100 Euro pro Monat ist uns die höhere Lebensqualität wert.
    Wir werden jedenfalls immer wieder den Zugvögeln gleich im Herbst Richtung Süden ziehen.

    Antworten
  4. Wenn wir doch könnten…. Ja auf jeden Fall Überwintern im Süden! Was sind da schon 500€ für eine Menge mehr Lebensqualität. Aber unsere Jobs erlauben es uns nicht für 4 Monate „auszuwandern“. :(

    Antworten
  5. Ein schöner Blog! Interessante Themen. Den Sommer- Winter Vergleich fand ich sehr spannend. Und schön, daß es noch Menschen gibt, die einen “andern“ livestyle pflegen !!!
    Und für die das persöhnliche Wohlbefinden wichtiger ist als Besitz anzuhäufeln ;-)
    LG Sven

    Antworten

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