Das Wohnmobil als Rolling Office

Digitale Nomaden Wohnmobil

Carsten Fischer ist Steuerberater & Finanzplaner. Er ist geschäftsführender Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft und arbeitet als Digitaler Nomade im Wohnmobiloffice oder vor Ort beim Kunden.

In diesem Interview erzählt Carsten von seinem Leben als Digitaler Nomade mit Wohnmobil.

Lies auch hier, wie sich Langzeitreisende die Weltreise finanzieren.

Zunächst wäre es toll, wenn du dich kurz vorstellen würdest. Wo und wie lebst du? Wo und wie reist du? Womit verdienst du deinen Lebensunterhalt?

Das Leben eines Digitalen Nomaden in Teilzeit lebe ich als selbständiger Steuerberater.

Unsere zwei Mädchen sind nun erwachsen und haben das Nest verlassen, der letzte Hund ist im Hundehimmel – Time for Travel and Work.

Digitale Nomaden

Das Wohnmobil als Rolling Office

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Meine Steinhausbasis ist in Fritzlar nahe Kassel, dank meines tollen Kanzleiteams von 10 Mitarbeitern darf ich meine Kunden mit Wohnmobil in ganz Deutschland betreuen.

Das Wohnmobil als Rolling Office – oder unterwegs bei meinen Kunden als Digitaler Nomade arbeiten können, das ist Devise des mobilen Heims. Nur deshalb sind die längeren Abwesenheiten vom Heimatstandort gut machbar.

Die Erreichbarkeit via Handy & eMail ist meine Chance, das Internet via Astrasat oder WLAN die  Gelegenheit, an interessanten Orten von Hamburg bis München beim Mandanten zu arbeiten.

Wie oft ich reise?

Pro Jahr besuche ich ca. 10 Länder auf 2 Kontinenten, auf etwa 20 Reisen jährlich. Letztes Jahr habe ich 14 Nächte im Hotel geschlafen, 7 Nächte auf Schiffen, 1 Nacht im Dachzelt und 150 Nächte in Wohnmobilen.

Wo war ich in letzter Zeit im Ausland?

Marokko, Tunesien, Spanien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Italien, Luxemburg, Ungarn, Rumänien, Island, Estland, Belgien, England, Schottland, Tschechien, Slowakei und Portugal.

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Wir haben festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist Arbeiten und Reisen unter einen Hut zu bekommen.

Wie empfindest du das?

Die Weiche stellt sich bei mir durch die Art der Arbeit, die ansteht.

Ein spontanes Telefonat, Mails checken und kurze Antworten darauf geben, das geht auch an Reisetagen ganz gut. Komplexe Arbeiten und anspruchsvolle Telefonate / Telefonkonferenzen, dazu brauch ich dann doch Ruhe und Arbeitsfläche. Das geht am besten, wenn das Mobil steht und die erforderlichen Unterlagen und Infos auf Tablet und Laptop bereit sind, ich also gut vorbereitet bin und im Gespräch kompetent auf Infos zugreifen kann.

[box type=“info“ align=““ class=““ width=“660″]Aus Erfahrung kann ich sagen, dass an Fahrtagen keine Arbeit geplant sein sollte. Das Fahren, Ankommen, Orientieren in neuer Umgebung stresst genug.[/box]

Es ist also wie im normalen stationären Leben – für anspruchsvolle Jobs brauchst Du Arbeitseinheiten ohne Störungen und ein gewisses Maß an Arbeitsplatz und Bildschirmfläche. Das geht am besten an Stehtagen, an denen ich konzentriert vormittags einige Stunden arbeite, eine Pause mit Spaziergang mache, um dann nochmals am Nachmittag weiterzuarbeiten.

Durch die störungsarme Umgebung können  solche Tage im WoMo genauso effizient wie ein langer Bürotag im Steinhaus sein.

Sollte sich während eines Reisetages die Notwendigkeit ergeben, fahre ich einfach auf einen Parkplatz, setze mir einen frischen Kaffee an und erledige terminierte Telefonate. Überhaupt ist es – nicht nur mobil – am besten, verabredete Telefonate zu führen. Ich merke dabei, dass durch Vorbereitung aufs Thema beide Seiten viel mehr erreichen als bei den spontanen Anrufen.

Und an freien Tagen packe ich den Laptop nicht aus, da wird gewandert, gelesen oder eine Stadt erkundet. Das ist für mich reine Freizeit, die ich nicht mit Arbeit mischen möchte; nur so funktionieren dann auch die Erholung und das Abschalten.

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Wie kommst du zu deinen Kunden?

Die letzte Meile zum Kunden ist im Wohnmobil so eine Sache.

Da reicht die Auswahl vom Fahrrad über Motorroller zum kleinen Auto, das mitreist.

Unser Wohnmobil ist mit 8,50 Meter Länge zwar komfortabel, doch passt weder ein Auto in die Heckgarage noch kann man überall unmittelbar beim Kunden vorfahren und parken.

Den Weg vom Mobil direkt zum Kunden lege ich dann je nach Entfernung und Wetter zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxi, Mietwagen oder mit meinem Segway zurück. Hier haben die Kastenwagenfahrer einen echten Mobilitätsvorteil, den sie sich freilich mit sehr wenig Platz im Mobil erkaufen.

Manche Kunden besuchen mich auch im WoMo und wir machen die Besprechung im Fahrzeug, oder sie holen mich mit ihrem PKW einfach ab.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich auch mit einem mittelgroßen Mobil wie unserem fast alle Ziele in Deutschland anfahren lassen. Von Hamburg Innenstadt bis ins sehr ländliche Heilbronner Land, von Berlin Mitte bis ins Münchener Vorland ist alles ohne nennenswerte Hindernisse machbar, auch mit einem LKW-basiertem Wohnmobil.

Für Businesscamper kann ich also sagen, dass von klein bis knapp 9 Meter Wohnmobil-Fahrzeuglänge alles in Frage kommen kann.

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Wo liegen deiner Meinung nach die Herausforderungen beim Arbeiten „von unterwegs“?

Schwierig kann da die emotional saubere Trennung von Reisen, Erleben und Arbeiten sein.

Die durch Mobilgeräte stete Versuchung, Arbeit mitzunehmen und statt dem Gang durch die Stadt am Stellplatz besser den Laptop rauszuholen sind die Sachen, die mir da einfallen. Zu oft die Mails zu checken, ein bisschen ‚always on‘ zu sein und niemals mehr völlig off – das zieht Energie.

Beim Aufenthalt an schönen Orten (andere nennen sie Urlaubs-Hotspots) auch mal die Seele freizulassen und auf den Regentag zu warten, an dem sich die Arbeit im Mobil viel besser erledigen lässt, das ist nicht immer leicht und geht gegen anerzogene Verhaltensmuster.

Ich denke, dass Leute mit Heimarbeitsplatz das Gefühl kennen, der Versuchung Arbeit ausgesetzt zu sein und nicht immer abschalten zu können. Hier für sich selbst reine Arbeit und ungestörte Freizeit hinzubekommen, auch gefühlsmäßig, ist der Schlüssel zum Erfolg.

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Wo liegt deiner Meinung nach die Herausforderung beim Arbeiten „auf Rädern“ in dem Land, in dem du gerade bist?

Da ich zumeist in Deutschland unterwegs bin, ist alles easy. Die anderen 8 Länder, die ich beispielsweise im vorigen Jahr (2014) bereiste stellten keine nennenswerten Probleme dar:

  • Marokko ging manchmal via Internet über Astrasat, ansonsten 3G Roaming
  • Ungarn und Rumänien hatten entweder im Hotel gutes WLan, ansonsten für Mails auch mal 3G-Roaming
  • die anderen westeuropäischen Ländern (Estland, Schweden, Österreich, Spanien, Frankreich) waren ähnlich wie Deutschland sehr gut mit 3G und 4G abgedeckt, wenn ich fernab guter Funkmasten stand, half mir Internet via Astrasat

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Wie lange bist du im Schnitt an einem Ort?

Da macht sich meine Nomaden-Teilzeit bemerkbar – durch die konkrete Kundenbezogenheit bloß einen bis drei Tage. Das ist kürzer, als ich es mir wünsche, aber besser im Wohnmobil auszuhalten als in Hotels und Pensionen.

Im Wohnmobil nennt sich das nomadisierende Nutzungsart, darauf ist auch die WoMo-Elektronik ausgelegt.

Mit verstärkter Lichtmaschine reichen 2 Stunden Fahrt zum Aufladen, die Solarpanele unterstützen mit 320 Watt Peak bei gutem Wetter die Batterien. Aber einen Stromgenerator brauche ich deshalb auch im Winter (ohne Solarertrag) nicht.

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Hast du einen bestimmten Workflow entwickelt, der an jedem Ort gleich ist?

  • Weil ich glücklicherweise ein komfortables Wohnmobil fahre, ist das Setup des Fahrzeuges eine Sache von 3 Minuten
  • Beim Aussteigen aktiviere ich die Hubstützenanlage (richtet das Mobil waagrecht aus)
  • Die SAT-Schüssel findet zeitgleich den Astra-Satelliten.
  • Ein Huawei-MiFi-Router, der an eine externe aktiv verstärkende Außenantenne angeschlossen ist, wird rasch angeschaltet, um die Mobilfunk-Signalqualiät zu checken.
  • Durch einen Premium-LTE-Mobilfunktarif erkaufe ich mir hierbei bis zu 300 MBit Bandbreite, oft sind mindestens 10 MBit realistisch.
  • Und weil Routinen Vertrautheit schaffen und dies die Entspannung fördert, drehe ich um den Stellplatz zu Fuß eine Orientierungsrunde für Einkaufs- und Restaurantmöglichkeiten.
  • Dabei nutze ich auch oft Yelp, um einen ersten Location-Überblick zu erhalten.

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Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Nach dem gemütlichen Frühstück (für mich die schönste Mahlzeit im WoMo) checke ich kurz Mails und fixe Telefontermine des Tages.

Dann geht’s  zum Mandant, ansonsten mit Laptop und iPad* via VPN in die ASP-Sitzung.

Outlook und Evernote sind dabei neben den DATEV-Branchenprogrammen meine wichtigsten Apps.

Normale Mail-Checks laufen ausschließlich über das iPhone, weil es einfach am bequemsten ist. Sollte nichts Akutes anstehen, so hole ich dann gern die Campingstühle raus und lese ein gutes Buch, um runterzukommen. Ist es dafür zu kalt, haue ich mich auf die Rundsitzbank und lege die Füße hoch.

Das Arbeiten unterwegs unterscheidet sich bei mir im Wohnmobil also nur wenig vom Einsatz in Steinhäusern (Hotel), nur das ich es gemütlicher habe.

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Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?

Für meine Arbeit ist ein (älteres) iPad allein nicht ausreichend, der Laptop bleibt unverzichtbar.

Da ich wie 80 % aller Berufskollegen durch Softwarevorgaben nur in einer Windowsumgebung arbeiten darf, ist bei mir das Microsoft Surface Pro 3 ein guter Kompromiss – im Steinhaus an Funktastatur und –maus als 3 Monitor-System, unterwegs als Tablet oder Laptop.

Ich arbeite recht papierarm und habe mit Internet via ASP und sicherer VPN-Verbindung Zugriff auf alle Daten der Kanzlei. Wo immer möglich werden Unterlagen gleich elektronisch erstellt, ansonsten leistet mir die Scannable-App gute Dienste.

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Was wünschst du dir, was könnte besser oder anders sein in deinem Arbeitsalltag?

Für den Ist-Zustand bin ich dankbar.

Ich möchte weiter mit interessanten Menschen erfolgreiche Projekte umsetzen und diese als Steuer- und Unternehmensberater begleiten können – das hat sich in den 25 Jahren meiner Selbständigkeit nicht verändert.

Mit Menschen, die besondere Ideen und Fähigkeiten haben gute Ideen zum Laufen zu bringen empfinde ich nach wie vor als berufliche Erfüllung.

Meine Frau, die als Steuerfachwirtin in der Kanzlei mitarbeitet, ist auf Dienstreisen oft mit von der Partie. Jedoch ist sie als Folge ihres Aufgabengebietes intensiver als ich in recht enge Fristen und Erstellungstermine eingebunden, daher sind die Fahrtage mit dem einhergehenden Arbeitsverzicht für sie manchmal nicht machbar.

Von daher – noch öfter als bisher zu zweit im Wohnmobil unterwegs sein ist noch ein anstehender Wunsch.

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Wie reagieren andere, wenn sie erfahren, dass du im Wohnmobil lebst und arbeitest?

Da habe ich Glück – die Reaktionen sind ganz überwiegend positiv.

Auch wenn viele Unternehmer nicht mit mir tauschen möchten und die Kombination Sportwagen plus schönes Hotel meinem Reise-Lifestyle sicher vorziehen.

Doch den Anreiz, meine ‚Wohnung auf Rädern‘ an wechselnde coole Locations zu bringen, dort Wind und Wetter intensiver als im Steinhaus zu erleben, in der eigene Küche die Zutaten vor Ort zu kaufen und zu kochen, das erscheint den meisten Kunden und Freunden schon als gute Erfahrung nachvollziehbar.

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Hast du Tipps für Menschen, die auch „auf Rädern“ arbeiten wollen?

[box type=“info“ align=““ class=““ width=“660″]Mein erster Tipp ist: Traut Euch, es geht, wenn ihr es euch erlaubt. [/box]

Das Motto der im Mai von mir in Berlin besuchten Konferenz für Digitale Nomaden DNX ‚ I choose freedom‘ trifft den Nagel auf den Kopf.

Ich würde zuerst mal ein Wohnmobil anmieten, wenn Ihr noch keine Campererfahrung habt. Nehmt den Partner mit und schaut, was geht.

Wenn Ihr ernsthaft im WoMo arbeiten wollt, sollte es sich dort auch bei Regen tagelang gut aushalten lassen – kauft also nicht zu klein. Alkoven-Grundrisse haben dabei mit die beste Raumnutzung.

Als Angestellter auf Rädern, das ist oft schwer, drum macht euch vorher selbständig und testet das noch zu Hause aus. Wenn das klappt, ist es als Selbständiger mit der Mobilität meistens leichter.

Carstens Wohnmobil ist im Betriebsvermögen, die betrieblichen Kosten werden vom Finanzamt anerkannt.

Es kommt lt. Carsten für die Anerkennung auf den Einzelfall an; Angemessenheit, Verwendungsnachweis und Art Eures Business spielen da eine große Rolle.

Fragt bei Interesse Euren Steuerberater, auch Carsten hilft gern.

Jetzt willst du noch mehr erfahren von Carsten und dem Rolling Office im Wohnmobil?

Besuche Carsten

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Dies war ein weiteres Interview aus der Reihe „Arbeiten auf Rädern“.

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Kommentare zum Beitrag

5 Gedanken zu „Das Wohnmobil als Rolling Office“

  1. Wow! Carstens Rolling Office sieht ja besser aus als manche Büro Meeting-Räume! Unsere Betty ist ein Winzling dagegen…aber für uns ist sie z.Z. als Office und mobiles zuhause noch völlig ausreichend :)

    Danke für den tollen Artikel.

    LG,
    Patrick und Tascha aka Patascha

    Antworten
  2. Danke für den wirklich interessanten Artikel!

    Was mich gefreut hätte, wären noch ein paar mehr Bilder vom Inneren des Wohnmobils, das ja quasi als Rolling-Office dient. Denn bis auf den Tisch wurde hier jetzt kein Bild eingefügt.

    Würde mich eben wirklich interessiseren, wie das ganze von ihnen so aussieht.

    Antworten

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