Grenzenlos – Eine Kanutour durch das untere Recknitztal

Bad Sülze, Freitag, „Sammeltag“ – diszipliniertes Einschlafen und Aufwachen nach einer langen Nacht am Grill.

Dann: Sanftes Dahingleiten im Kanu. Einstechen und wieder herausziehen. Der Kopf wird ganz frei, die Gedanken weichen langsam dem Sein. Kein Geräusch. Grenzenlose Stille. Die Welt aus der Sicht eines Kanuten ist leise, friedlich und unbewohnt, wiegt sich seicht im Schilf. Es gibt nichts zu tun, nichts zu sagen – nur fließen.
Der Fluss hat kaum Strömung. Muskeln in den Schultern, im Nacken und den Händen, die vom Leben bisher verschont blieben, geraten in Bewegung. Werden wir uns morgen noch rühren können?

Elf Freunde in 4 Canadiern und 2 Kajaks gleiten 3 Tage lang durch das Recknitztal. Vorne sitzt der menschliche Motor, hinten der Steuermann. Motoren brauchen Sprit, Steuer sollten nüchtern bleiben – wir landen oft im Schilf. Am ersten Tag schaffen die Motoren 15 km.

Am lauen Abend in Scharbow schlagen wir unser Nachtlager gegenüber dem Anleger auf. Fünft Zelte, ein Feuer, elf Geschaffte. Kochen für elf Hungrige auf fünf Campingkochern ist eine Kunst. Unsere Künste reichen für Nudeln mit Tomatensauce.

Aus dem Tau gurrt der Kuckuck, in der Ferne grummelt der Himmel und wir überlegen fürs Frühstück Blitze sammeln zu gehen. Aber das erwartete Unwetter bleibt aus und nach einem kräftigen Schauer in der Früh erblickt uns der Morgen, trocken und warm.

Immer wieder erwartet uns ein tosendes Wehr. Alles muss raus aus den Kanus – die Säcke, die Fässer, die Leute. Die Boote werden von den Stärksten an Land gezogen. Auf den Ufersteinen sitzend wird Kaffee gekocht und werden Brote verzehrt. Eine willkommene Pause im glühenden Sonnenschein, bevor jenseits des Hindernisses alles wieder zu Wasser gelassen wird. Irgendwo verlieren wir dabei ein Paddel. Wir wissen nicht, was aus ihm wurde. Vielleicht hat es sich irgendwo im Gebüsch versteckt, weil es keine Lust mehr hatte uns Anfänger zu begleiten.

Irgendwie fand ein neues Paddel seinen Weg zu uns. Kein buntes Funpaddel, wie die anderen, sondern ein schwarzes Profipaddel, dass die beiden Unglückskanuten zuerst etwas versöhnte, dann aber in seinem Übermut das Kanu der beiden zum Kentern brachte.

Ein Schreck und dann nur noch Wasser – überall. In den Hosen, Jacken, in den Schuhen, im Boot. Alle Dinge nehmen Reißaus und schaukeln im Wasser auf und ab. Die Besatzung trägt es mit Fassung – Respekt!

Dieser zweite Tag ist lauter als der erste. Kein stilles Dahingleiten mehr. Öfter ein Kreischen, Schreien, Anfeuern und Lachen. Es wird mit unterschiedlichen Bootsformen und Antriebsarten experimentiert.
Aber auch die Geräusche um uns herum haben sich vermehrt. Vögel zwitschern in den nun zahlreicher werdenden Bäumen und Sträuchern. Dafür fehlen viele der Libellen, die gestern noch so zahlreich die Ufer bevölkert haben. Die Künste der Steuer müssen nun bewiesen werden, denn der Fluss ist schmal und kurvenreich.

Der Abend bringt uns einen schönen Zeltplatz und ein Gewitter. Zum Glück trennt uns der Fluss vom anderen Ufer, an dessen Gefilden sich die Blitze austoben. Später am Abend erreicht uns der Regen, kämpft mit unserem Feuer und lässt uns widerwillig die Zelte aufsuchen. Uns stecken heute 20 km in den Schulterblättern, die Mücken ärgern die Mädchen.

Der dritte Tag fordert nochmals 15 km. Er empfängt uns wieder mit Wärme und Freundlichkeit und wir fühlen uns geborgen im Schoße der Natur, beim Bad in ihrem Fluss und mit all ihren kleinen und großen Tieren um uns herum. Frösche, Schnecken, Mücken und Schlangen begrüßen uns in ihrem Namen. Die Nacht hatte keine Folgen für Ausrüstung und Mannschaft und so starten wir froh gestimmt in einen herrlichen Tag.

Der Fluss fordert das Kentern eines weiteren Bootes und all unsere Kräfte zur Erreichung des Ziels.

Wald. Bäume, die im Wasser stehen. Kaum ein Platz zum Anlanden, um die nassen Klamotten zu wechseln und etwas Kalorien aufzufüllen. Vom Gegenwind auf den letzten Kilometern lassen wir uns nicht beirren, sanft lassen wir uns gegen das Ufer wehen, rudern schräg zur anderen Seite, um dort erneut weggetrieben zu werden.

In Daskow angekommen sind wir alle traurig, dass es schon vorbei sein soll. Wir sind uns einig, einfach für den Rest unserer Leben weitergleiten zu wollen – grenzenlos.

Kanufahren Mecklenburg – Reiseinfo

Anreise

Mit dem Wohnmobil nach Bad Sülze (Mecklenburg Vorpommern)

Zentrale Wasserwander-Station JAM
Jugendhaus Alte Molkerei e.V
Recknitzallee 1a, 18334 Bad Sülze

Übernachtung

Mit dem Wohnmobil unterwegs hast du mehrere Plätze in der Umgebung zur Auswahl:

Direkt in Bad Sülze bei der Wasserwander-Station JAM stehen 3 Stellplätze für Wohnmobile bereit.

In Marlow gibt es den Wasserwanderrastplatz an der Recknitzbrücke (an der L18) in 18337 Marlow-Semlow. Hier stehen maximal 3 Plätze für Wohnmobile zur Verfügung.

Auch in Marlow gibt es einen Parkplatz für Wohnmobile in der Kölzower Chaussee 1 (Vogelpark).

Zwischen Eixen, Bad Sülze und Barth im Freizeitareal Eixener See gibt es einen Parkplatz für Wohnmobile.

Tour

Dies ist die Tour, die wir gewandert sind:

  • von Tessin bis Scharbow ca. 15 km
  • von Scharbow bis Marlow ca. 20 km
  • von Marlow bis Daskow ca. 15 km

Es können auch noch andere Touren gemacht werden.

Preise (aus 2016)

Leihgebühr Canadier
für 2 Peronen pro Tag/Boot: 15 EUR

Übernachtungen im Zelt
pro Person: 5 EUR

Kosten für Verpflegung (Supermarkt)
für 3 Tage pro Person: ca. 20 EUR

Transport der Boote und Mannschaften
von Bad Sülze nach Tessin: 25 EUR

Weitere Informationen und Preise auf der Webseite der Kanustation

Und du?

Lust auf Kanufahren bekommen?

Dir gefällt dieser Beitrag?

Dann unterstütze uns und teile ihn mit deinen Freunden oder sende eine Anerkennung via Pay Pal:

Das könnte dich auch interessieren

808080 Afrika Botswana Bulgarien Deutschland Digitale Nomaden England Frankreich freeassange Georgien Griechenland Indien Kroatien Kuba Kurzhauber Lifestyle Lucy Marokko Portugal Ratgeber Reisefahrzeug Rumänien Russland Schweden Slowakai Spanien Thailand Tschechien Türkei Ungarn

Folge uns

Kommentare zum Beitrag

8 Gedanken zu „Grenzenlos – Eine Kanutour durch das untere Recknitztal“

  1. Hallo Steffi,
    sehr toll geschriebener Artikel! Die Preise für das Leihen finde ich vollkommen okay. Wir waren zuletzt an der Lahn campen und da wollte man für vergleichbares Boot 40,- EUR am Tag. Das war uns echt zu heftig. Für 15,- wären wir sicher auch mal wieder gepaddelt. Es ist, ganz wie du beschreibst: es gibt nur das Wasser, das Paddel und dich. Und den Versuch alles in Balance zu halten und nicht zu kentern. ;-)
    Viele Grüße!
    Mario

    Antworten

Schreibe einen Kommentar