Was das Leben ist? Braucht es einen Schöpfer, einen Macher, ein Ich? Oder lebt es nicht vielmehr ganz von selbst?
Das Leben ist so eine Sache.
Grammatisch gesehen ist das Leben ein substantivierter Infinitiv. Abgeleitet von leben. Das Leben ist also gar kein Substantiv, sondern ein Verb.
Wir fügen dem Leben Substantive hinzu, wo es keine gibt
Und darin liegt des Pudels Kern. Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält!
Okay, zu viel Goethe
Als ich ein Kind war, ist meine Großtante verstorben.
Damals habe ich gelernt, dass man traurig sein soll, wenn jemand stirbt.
Das Leben und Sterben
Alle um mich herum liefen mit ernster Miene umher. Wirkten in sich gekehrt. Lächelten nicht mehr. Manche weinten sogar.
Der Tag der Beerdigung stand kurz bevor. Und ich wusste, dass auch ich traurig sein sollte.
Also habe ich mich angestrengt. Habe versucht mich in dieses Gefühl einzufühlen. Ich habe über meine Großtante in mein Tagebuch geschrieben. Habe so versucht mich an Erlebnisse mit ihr zu erinnern. Um aus der Erinnerung und der Tatsache sie nun nie wieder zu sehen, irgendwie Traurigkeit zu gewinnen.
Auf der Beerdigung habe ich versucht, wenigstens ein paar Tränen in die Augen zu bekommen. Das war gar nicht so leicht. Es war nicht so, dass ich meine Tante nicht mochte und deswegen nicht traurig war. Ganz im Gegenteil. Ich war nur einfach nicht traurig. Aber ich wusste, dass ich traurig sein sollte, weil alle anderen traurig waren
Als ich Anfang 20 war ist mein Opa gestorben. Da war ich wirklich traurig. Und nicht nur das. Ich war zutiefst erschüttert.
Mit meinen Großeltern habe ich viel Zeit verbracht. Als ich klein war, bin ich jedes Wochenende bei ihnen gewesen und oft auch in den Ferien. Ich hatte dort mein eigenes Zimmer. Meine Spielsachen. Auch in den Urlaub bin ich hin und wieder mit ihnen gefahren. Wie konnte jemand, der mein ganzes Leben lang immer da war, plötzlich nicht mehr da sein? Ich habe diesen Verlust körperlich gespürt. Es tat richtig weh. Und es dauerte eine Weile, bis ich mich beruhigt und davon wieder erholt hatte.
Das Leben und der Tod
Dieses Ereignis war der Anlass, mich näher mit dem Tod zu beschäftigen.
Ich bin auf eine katholische Schule gegangen. Dort habe ich gelernt, dass es einen Gott gibt und das Leben nach dem Tod.
Die Geschichten aus der Bibel waren für mich aber immer nichts weiter als Geschichten. Die Sache mit dem Glauben hat bei mir nicht so richtig funktioniert. Vieles habe ich auch nie so ganz verstanden. Die Erlösung. Die Sünde. Und das Gott der Schöpfer von allem sein soll. Obwohl man ihn nie sieht.
So bin ich bei Buddha und den Buddhisten gelandet und fand das, was ich dort las, viel einleuchtender. Vor allem, weil es nicht ums Glauben geht und Buddha immer sagt, man solle alles überprüfen
Ich konnte so herausfinden. Dass der Tod lediglich ein Bestandteil des Lebens ist. Dass es das Leben ohne den Tod gar nicht geben kann. Es entsteht etwas Neues, wenn etwas anderes stirbt. Selbst Ideen sterben, damit andere entstehen können.
Deshalb ist der Tod nicht nur das Ende von etwas, sondern auch der Anfang.
Das Leben als Werden und Vergehen
Das stetige Werden und Vergehen kann man in der Natur beobachten. Man kann es sehen. Es ist nichts, woran man glauben muss.
Und die Natur zeigt einem auch noch etwas anderes: Das sie keinen Schöpfer braucht!
Sie wird und vergeht ganz von alleine. Ohne dass es da jemanden gibt oder geben muss, der all das macht, steuert, kontrolliert.
Jeder Baum, jede Blume, jedes Tier wird und vergeht von ganz alleine. Ein Baum blüht und verlaubt und blüht und verlaubt Jahr um Jahr – ganz von alleine. Er braucht niemanden, der das blühen und verwelken macht. Auch der Regen regnet von ganz alleine.
Das Leben und Ich
Und da frage ich mich: Was unterscheidet mich von einem Baum? Einer Blume? Oder einem Tier?
Auch Ich werde und vergehe ganz von alleine.
Ich weiß nicht, ob den Menschen das vielleicht zu einfach ist. Weshalb sie sich einen „Macher“ erschaffen mussten. Einen Gott oder ein Ich.
Selbst am eigenen Körper kann ich sehen, dass es niemanden braucht, um zu leben. Es atmet von alleine. Das Herz schlägt von alleine. Es bewegt sich von alleine. Selbst die Gedanken und Gefühle kommen und gehen von alleine. Es braucht niemanden und es gibt niemanden, der sie macht oder kontrolliert.
Selbst das Gefühl selbst etwas zu machen – ist letztlich nicht mehr als ein Gefühl.
Das es keinen „freien Willen“ gibt, haben Wissenschaftler bereits bestätigt. Das heißt, dass wir uns eigentlich nur einbilden, wir würden irgendetwas wählen oder entscheiden. Entscheiden und Denken findet auf völlig unterschiedlichen Ebenen statt. Es gibt niemanden, der etwas entscheiden könnte oder überhaupt entscheiden müsste. Auch entscheiden passiert ganz von alleine.
Wenn man genau hinsieht, kann man all das sehen. Ich muss es nicht glauben. Oder lernen. Ich kann es sehen.
Für manche mag es absurd klingen. Oder erschreckend sein.
Für mich ist es unfassbar befreiend, dies erkannt zu haben. Ich stehe nicht außerhalb des Lebens. Kann mich einfach fallen lassen in das Werden und Vergehen. Ja, es gibt gar keine andere Möglichkeit als das, hat es nie gegeben.
Das Leben
Das Leben lebt durch mich. Ich bin ein Teil davon. Ein Teil von allem. Vom Werden und Vergehen. Wie jeder von uns.
Alles andere haben wir uns nur ausgedacht.
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Dich interessiert dieses Thema? Auf meinem Blog Steffimania – Durch die 10 Fesseln schreibe ich darüber mehr.
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Schreib´s mir!
Liebe Steffi,
Vielen Dank für diesen spannenden Artikel. Ich kann Dich verstehen, habe ich mir doch von klein auf oftmals über das Leben Gedanken gemacht. Mit christlichen Wurzeln aufgewachsen, früh in der Familie auch Nähe zu Buddhismus erlebt und gefühlt, habe ich irgendwann Gott und Ich durch positive Energie ersetzt. Das ist es auch, was ich an der Natur und am Reisen heute liebe, die gefühlte Nähe zu dieser Energie, wenn sie schöpferisch fließt und immer wieder Neues schafft. Und das Fehlen der Energie, das Nichts, die Leere oder das Energie „aufsaugende schwarze Loch“ empfinde ich als das Böse. Und hier glaube ich fest, dass wir als Mensch doch eine Entscheidungsfreiheit haben, und zwar die Nähe zur positiven Energie zu suchen. Leben heißt für mich, immer wieder dies zu fühlen, zu suchen und auch schöpferisch zu sein, und wenn es kleine Dinge sind, wie ein leckeres Essen zuzubereiten oder unsere Katze zu streicheln. Und das sind die wichtigen Entscheidungen, die man immer wieder treffen muss. Denn es gibt leider auch immer die Gefahr der Zerstörung, und sei es nur die Selbstzerstörung, die ich leider schon in meinem Leben bei anderen Menschen sah. Nur der Optimismus, die Freude an den wundervollen Dingen im Leben, halfen mir damals.
Ich verfolge Eure Reisen sehr gerne auf Eurer Seite und wünsche Dir alles Liebe und ganz viel „Leben“.
Gruß, Judith
Liebe Judith! Ich danke dir sehr für deine Worte :)