Heiko und Franz sind seit 2014 zu Fuß und ohne Geld auf Weltreise.
Weil ich ihre Geschichte so faszinierend finde, verlassen wir mit diesem Artikel mal die Welt des Reisens mit dem eigenen Fahrzeug. Statt dessen erzählen Heiko und Franz in diesem Interview, wie sie auf die Idee gekommen sind jedes Land der Welt durchwandern zu wollen. Ob sie bisher wirklich jeden Kilometer zu Fuß gegangen sind. Sie erzählen davon, wo sie schon überall gewesen sind und was demnächst vor ihnen liegt. Was es mit ihren Pilgerwägen auf sich hat und natürlich, ob und wie eine Weltreise ohne Geld überhaupt „funktioniert“.
Wir sind Heiko Gärtner (38) und Franz Bujor (31) und wir befinden uns gerade auf der größten Reise unseres Lebens.
Obwohl wir schon als Kinder große Reisepläne hatten, begannen wir unser Erwachsenen Leben mit ganz normalen Berufen und ohne große Weltreisepläne.
Als wir jedoch eines Tages von einem amerikanischen Medizinmann eingeladen wurden, um an einem Heilertreffen teilzunehmen, bei dem das alte indianische Heilwissen wieder neu aktiviert werden sollte, da tauchte unser Kindheitswunsch plötzlich wieder funkelnd und klar vor uns auf.
Für uns gab es nun keinen Zweifel mehr. Wir brachten alle Zelte und Brücken ab, schnallten uns je einen Pilgerwagen um die Hüfte und zogen los.
Seither leben wir als Nomaden, Wanderer, Forscher, Heiler und Schriftsteller. Unser Ziel ist es, so viel wie möglich über Naturheilverfahren und die Heilkunst der verschiedensten Kulturen zu lernen, zusammenzutragen und für alle anderen zugänglich zu machen.
Seit dem Aufbruch hat sich jedoch viel in uns verändert. Heiko ist gerade dabei eine heilige und heilende Beziehung zu seiner Freundin Shania aufzubauen und Franz hat sich entschlossen, seinen Geburtsnamen Tobias abzulegen und als Mönch in der Tradition der Franziskaner zu leben.
Ihr seid seit 2014 zu Fuß und ohne Geld auf Weltreise und habt bisher über 25.000 km zurück gelegt. Seid ihr wirklich jeden Meter davon gelaufen?
Ja, der Kilometerstand, der auf unserer Startseite auf unserer Webseite Lebensabenteuer angegeben wird bezieht sich tatsächlich nur auf unsere gelaufenen Kilometer und das sind nun tatsächlich rund 26.000.
Es kommen aber natürlich noch ein paar Kilometer hinzu, die wir zum Teil mit der Fähre, zum Teil mit Autos zurückgelegt haben. Bis auf eine einzige Ausnahme, bei der uns ein freundlicher Mann in Südfrankreich mit seinem Mini-LKW vor dem Ertrinken in einem Überschwemmungsgebiet gerettet hat, haben wir mit dem Auto aber stets nur Stichtouren unternommen.
Dass heißt, wir wurden mit einem Kfz abgeholt, an einen anderen Ort gebracht und sind anschließend auf die gleiche Weise wieder an den Ausgangsort zurück gelangt.
Wie seid ihr überhaupt darauf gekommen die Welt zu Fuß zu bereisen?
Die Idee ist nicht neu sondern stammt, wie erzählt bereits aus unserer Kindheit.
Unabhängig von einander spürte jeder von uns so etwa im Alter von vier oder fünf Jahren das erste Mal den Wunsch, eines Tages ein Forscher und Entdecker zu werden und die ganze Welt zu bereisen.
Als wir diese Vorstellung von unserem Erwachsenenleben unseren Eltern mitteilten, stießen wir dabei zunächst nicht auf die Zustimmung und Begeisterung, die man jetzt vermuten würde. Irgendetwas von wegen „Job“, „Familie“, „Ausbildung“ und „Geld verdienen“ hieß es stattdessen. Abenteurer und Entdecker sei ja ein lustiger Kindertraum, aber davon könne man nun mal nicht leben!
So kamen wir für viele Jahre erst einmal wieder über diese Idee hinweg.
Heiko machte eine Ausbildung bei der Allianz und übernahm die Versicherungsagentur seines Vaters.
Franz studierte Pädagogik und leitete Klassenfahrten und Jugendprogramme.
Gemeinsam bauten wir dann eine Wildnisschule auf, in der wir unseren Schülern und Teilnehmern dabei helfen wollten, ihren Bezug zur Natur wiederzufinden und zu vertiefen. Dies kam unserem Kindheitstraum nun schon ein Stückchen näher, aber noch immer war es nicht das, wohin uns unsere Herzen zogen.
Als wir dann über einen befreundeten Medizinmann noch die Tagebücher von Stalking Wolf bekamen, einem Apachen Scout, der mehr als 60 Jahre durch Nordamerika reiste, um das Wissen der letzten noch verbliebenen Indianerstämme zusammenzutragen, war die Entscheidung in uns gefallen. Es war nun keine Frage mehr, ob wir aufbrechen und die Welt erkunden wollten, sondern nur noch, wann es endlich losgehen konnte.
Unsere Wildnisschule wurde an einen Nachfolger abgegeben, Kooperationen mit Partnerprojekten und Sponsoren wurden geschlossen, die erste Reiseroute geplant und schließlich die Ausrüstung besorgt.
Am 01.01.2014 war es dann endlich soweit und wir konnten zu unserer großen Weltreise aufbrechen.
Ihr reist zu zweit… aber manchmal nehmt ihr auch jemanden mit. Wer kann mit euch reisen und warum?
Auch wenn wir die meiste Zeit zu zweit unterwegs sind, besteht unsere kleine Ice-Age-Herde der Herumtreiber eigentlich aus drei Menschen.
Neben Heiko und Franz gehört noch Shania in unsere Runde, die jedoch noch nicht permanent bei uns bleiben kann, weil es für sie noch einige Dinge zu Hause zu erledigen gilt.
Heiko und Shania haben sich das erste Mal vor mehr als 10 Jahren kennengelernt, dann aber zunächst wieder aus den Augen verloren. Ein halbes Jahr nach unserem Reisestart kam es dann fast zufällig zu einem Treffen in Portugal und ein weiteres Jahr später besuchte uns Shania in Italien. Seit diesem Zeitpunkt sind die beiden ein Paar und nun arbeiten wir gemeinsam daran, auch Shania den Sprung von der Sesshaftigkeit ins Nomadenleben zu ermöglichen. Ein bis zwei Mal im Jahr kommt sie uns nun für etwa 14 Tage besuchen und wenn alles glatt geht, wird sie ab kommenden Juli dauerhaft mit dabei sein.
Von Shania abgesehen hatten wir einige Male Besuch von Freunden oder von Heikos Eltern. Auch Journalisten und andere Reisende haben uns schon für einige Stunden bis Tage begleitet.
In der Ukraine hatten wir sogar für 3 Tage einen Hund, der sich uns angeschlossen hat. Wichtig ist uns dabei jedoch immer, dass es ein lockeres und angenehmes Beisammensein ist, das jederzeit auch wieder aufgelöst werden kann, wenn es sich für uns oder den Gast nicht mehr passend anfühlt.
Wo seid ihr schon überall gewesen? Was kommt noch? Und wie lange wollt ihr noch unterwegs sein?
Bis heute haben wir 37 Länder in Europa bereist.
Gestartet sind wir dabei vom Haus von Heikos Eltern in Postbauer-Heng bei Nürnberg aus und von dort ging es zunächst über den Jakobsweg durch Frankreich und Spanien nach Santiago de Compostela.
Im Anschluss folgten Portugal, Andorra, Italien, der Balkan, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine. Dann näherten wir uns der Heimat wieder und kehrten über Ungarn, die Slowakei, Polen, Tschechien und Österreich kurzzeitig nach Hause zurück.
Nach einer knappen Woche Heimurlaub brachen wir erneut in Richtung Süden auf. Nun führte uns der Weg durch Liechtenstein, die Schweiz und Südfrankreich bis nach Lourdes, so dass wir den Winter im Warmen verbringen konnten.
Dann folge England, Wales, Schottland, Nordirland und Irland, bevor wir im letzten Spätsommer auf unseren Kontinent zurückkehrten.
Ein weiteres Mal durchwanderten wir den Norden von Frankreich und kehrten über Luxemburg, Belgien und Holland zurück nach Deutschland.
Gerade befinden wir uns in Ostfriesland, ca. 40 Kilometer vom Meer entfernt. Sobald wir die Küste erreicht haben geht es weiter in Richtung Dänemark, von wo aus wir im Frühjahr nach Schweden übersetzen wollen.
Dann geht es mit unserer Europa-Tour in die letzte Runde: Wenn alles gut geht, werden wir einmal hoch bis zum Nordkap wandern und dann den Rückweg über das Baltikum, also Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland und Polen einschlagen, um pünktlich zum nächsten Weihnachten wieder zurück in Nürnberg zu sein.
Wenn das gelingt, haben wir jedes Land in Europa einmal durchwandert und sind damit bereit uns auf die nächste Stufe zu wagen: Mit Beginn des Frühjahrs 2019 geht es nach Nordamerika, wo wir unsere Reise im gleichen Stil durch Kanada und die USA fortsetzen werden.
Unser Ziel ist es, am Ende auf diese Weise einmal jedes Land in jedem Kontinent durchwandert zu haben. Aber wie gesagt, wir gehen ganz gemütlich und lassen uns nicht stressen.
Um euer Gepäck nicht in einem Rucksack auf dem Rücken zu tragen, habt ihr Pilgerwägen, die ihr ziehen könnt. Wie sieht so ein Pilgerwagen aus?
Die Frage ist recht leicht zu beantworten: Die Wagen sehen so aus wie hier auf dem Bild. :-)
Man kann sie sich ein bisschen wie kleine Eselkarren vorstellen, nur dass wir selbst unsere eigenen Esel sind. Und ja, sie sind bedeutend praktischer als ein Rucksack.
Jeder von uns zieht in seinem Karren rund 60 Kilo an Ausrüstung und Gepäck mit sich herum, was mit einem Rucksack vollkommen unmöglich wäre. Trotzdem spürt man auf gerader Strecke nur etwa 2-3 Kilo davon, weil das Gewicht auf der Achse aufliegt und einfach hinter einem herrollt.
Sobald es ins Gebirge geht, spürt man natürlich die vollen 60 Kilo, die einem am Hintern hängen und einen zurück ins Tal ziehen wollen. Bergab ist es dann aber schon wieder eine Erleichterung, weil die Wagen Bremsen haben, so dass man sogar seine Knie entlasten kann.
Schwierigkeiten im Vergleich zum Rucksack ergeben sich auf unwegsame Gelände, wo das Ziehen der Wagen nicht nur extrem anstrengend ist, sondern auch viel Geschick und Gefühl benötigt, damit sie nicht umkippen. Möglich ist es aber. Wir haben sie beispielsweise in Schottland einmal für 5 Kilometer mitten durch ein Moor gezogen und die Aktion überlebt, ohne vollkommen abgesoffen zu sein.
Ihr schreibt, dass ihr ohne Geld auf Weltreise seid. Wie macht ihr das? Wo schlaft ihr? Was esst ihr? Was ist, wenn die Schuhe oder was anderes mal kaputt geht? Was ist, wenn ihr mal einen Unfall habt oder krank werdet? Wie ist es mit Fixkosten – keine mehr vorhanden?
Ok, also eines nach dem anderen. Es stimmt, das Konzept unserer Reise ist tatsächlich so, dass wir selber für uns kein Geld in die Hand nehmen und auch wenn man sich heute kaum noch vorstellen kann, dass dies in unserer kapitalistischen Welt funktioniert, klappt es seit vier Jahren ganz hervorragend.
Wichtig ist dabei vor allem, dass man mit einer Mission unterwegs ist und nicht nur für sich selbst, sondern für ein höheres Ziel reist, das Menschen unterstützenswert finden.
In unserem Fall unterstützen wir beispielsweise vier Hilfsorganisationen, die jeweils auf ihrem Gebiet sehr gute Arbeit leisten. Auch wenn man es uns oft abgewöhnen will, oder wir aufgrund von Angst oder schlechten Erfahrungen manchmal verbittern, sind wir Menschen von Natur aus sehr hilfsbereite und soziale Wesen, die einander gerne unterstützen, wenn man sie lässt.
Gleichzeitig leben wir auch in einem sehr abstrakten System, das auf der einen Seite von oben bis unten auf Verschwendung und Überproduktion ausgelegt ist – und das auf der anderen Seite ein dichtes soziales Netz gesponnen hat, um alle auffangen, die irgendwie unten durch fallen.
Das alles zusammen macht ein Leben und vor allem eine Weltreise ohne Geld auch heute noch möglich und sogar zum großen Teil sehr komfortabel.
Die Kunst besteht lediglich darin, herauszufinden, in welcher Region welche Methoden und Systeme funktionieren. Wie du schon sagst, die wichtigsten Punkte sind dabei vor allem Essen, Schlafen und Ausrüstung.
Was das Schlafen anbelangt, gibt es in Mitteleuropa zum Glück eine sehr gute Infrastruktur. Außer in Frankreich, Spanien und Luxemburg kann man sich dabei fast immer an die Kirchen wenden.
Ob es sich dabei um katholische, evangelische, reformierte oder freie Kirchen handelt spielt meist keine Rolle. Wichtig ist nur dass man mit einer positiven Absicht unterwegs ist und einen vertrauenserweckenden Eindruck macht.
Dann kann man fast überall für eine Nacht in einem Gemeinderaum oder einem Konferenzsaal schlafen.
In Großbritannien läuft es etwas anders, denn dort übernachtet man zumeist direkt in den Kirchen.
In Frankreich gibt es nur noch einen Pfarrer auf etwa 30 Gemeinden, weshalb diese Methode hier oft schwierig wird. Dafür hat jedes noch so kleine Dorf ein Rathaus und einen Bürgermeister, den man in der Regel sogar am Wochenende privat ansprechen darf und dann bekommt man zumeist einen Festsaal von der Gemeinde.
Spanien ist ein bisschen ein Sonderfall, weil hier weder die Stadt noch die Kirche zuverlässige Adressen sind. Es kann sein, dass man hier Hilfe bekommt, muss aber nicht. Dafür haben wir festgestellt, dass die Hotels sehr offen für Online-Marketing sind und einem gerne einen kostenlosen Schlafplatz für eine Nacht anbieten, wenn man sie dafür verlinkt oder ihnen eine Rezension auf einer Hotelbuchbörse schreibt. Auch schöne Bilder, die sie für Werbebroschüren verwenden dürfen sind gerne gesehen.
In den vergangenen vier Jahren haben sich darüber hinaus aber auch schon die skurrilsten Schlafplatzsituationen ergeben.
Wir haben in Museen übernachtet, in Schaufenstern, Bibliotheken, Schwimmbädern, Höhlen, Polizeistationen, Arztpraxen, Feuerwehreinsatzzentralen, Schlössern, Scheunen, Burgtürmen, Klöstern, Altenheimen, Irrenanstalten, Obdachlosenheimen, Schulen, Kindergärten, Jurten, Wohnwagen, Cafés und sogar einmal bei einer waschechten Gräfin.
Und natürlich, das darf man auch nicht vergessen, haben wir im Balkan und in Osteuropa, wo es wenig Infrastruktur dafür aber viel Sonne gibt, auch viele Nächte im Zelt verbracht.
Zum Thema Essen muss man vielleicht vorweg erwähnen, dass in unserer Gesellschaft rund 70% dessen, was wir auf den Feldern anbauen weggeschmissen wird, noch ehe es auch nur zum Endverbraucher gelangt. All das, was ihr zu Hause wegwerft, weil es euch schlecht geworden ist, ist da also noch nicht einberechnet.
Das zeigt auf der einen Seite natürlich erst einmal, wie pervers unser Wirtschaftssystem ist, bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass überall Nahrung im Überschuss vorhanden ist, die ohnehin niemand nutzt.
Nur ein Beispiel dazu aus unseren Recherchen diesem Thema: Die bayrische Tafel wird in Sachen Brotwaren nur von einer einzigen Bäckerei-Kette versorgt. Wenn diese mit allen Tafeln durch ist, muss sie noch immer die Hälfte von dem wegwerfen, was vom Tag übrig geblieben ist, da auch die Tafel dann an ihre Auslastungsgrenze gekommen ist. Alle anderen Bäcker kommen hier nicht einmal in die Verlegenheit, ihre Reste auf diese Weise sinnvoll weiter zu verwenden, da sie einfach nicht benötigt werden.
Für uns bedeutet dies, dass man eigentlich nahezu überall hingehen kann, wo Lebensmittel verkauft werden und mit einer freundlichen Bitte und einer kurzen Erklärung warum man die Dinge benötigt, immer etwas geschenkt bekommt. Natürlich sagen nicht alle Ja, auch wenn sie es könnten, aber in der Regel finder man immer genug um gut satt zu werden.
Noch leichter ist es in ärmeren Regionen, wie dem Balkan oder Rumänien, wo es zwar wenig Läden gibt, aber jeder sein eigenes Gemüse anbaut. Hier sind die Menschen meist so freundlich und hilfsbereit, dass man sie stoppen muss, damit man seinen Wagen am Ende überhaupt noch ziehen kann.
Die Ausrüstung selbst ist hingegen etwas komplexer.
Auch hier gibt es zwar viele Möglichkeiten, die man unterwegs findet, wie beispielsweise Caritas-Stationen oder Kleiderkammern, aber sobald man Deutschland verlässt ergibt sich hier schon das Problem, dass man nur schwerlich eine passende Größe geschweige denn eine Qualität findet, die sich fürs Langstreckenwandern eignet. Wir haben dieses Problem daher mit Hilfe von Sponsoren gelöst.
Bleiben also noch die sonstigen Kosten, die auf einer Reise auf einen zukommen können, wie Fähren, Reparaturen und Arztkosten.
Letzteres hält sich bei uns sehr in Grenzen, da Medizin und Heilung ohnehin eines der Hauptthemen unserer Reise ist.
Nahezu alles, was unterwegs anfällt behandeln wir selbst. Und wenn wir doch einmal einen Arzt brauchten, war es bislang nie ein Problem, nach kurzer Besprechung auch umsonst behandelt zu werden.
Nach einer Ohrbehandlung, die Heiko in Österreich bekommen hat, hat uns ein Arzt einmal sogar noch ein Abendessen vorbei gebracht. Wie gesagt, wir Menschen sind meist sehr viel menschlicher als wir es uns selbst zutrauen.
Auch was die Reparaturen anbelangt konnten wir bislang immer Hilfe finden, ohne dafür etwas bezahlen zu müssen. Um hier im Zweifelsfall nicht in die Bredouille zu geraten haben wir aber inzwischen ein kleines Notfallbudget für Wagenpannen, das wir aus Spendengeldern gewonnen haben, die wir auf der Reise für einen Kaffee oder ein Eis bekommen haben.
Oftmals wollten wir damit einen Automechaniker, der unsere Achse neu verschweißt hat oder einen Schlosser, der uns neue Bremsscheiben gemacht hat sogar bezahlen, durften aber nicht. Für die meisten Handwerker sind unsere Wagen so skurril und ungewöhnlich, dass es ihnen Lohn genug ist, ein bisschen daran herumschrauben zu dürfen.
Der einzige Posten, der nicht so leicht zu bewerkstelligen ist und bei dem wir tatsächlich hin und wieder Geld ausgeben mussten, ist der mit den Fähr- und Visakosten. Teilweise konnten wir auch hier etwas über Sponsor-Partnerschaften machen, teilweise mussten wir aber auch kurz davor um Spenden für die Fährfahrten bitten. Bislang hat das aber auch immer sehr gut geklappt.
Mit dem Visum für die USA wird es wohl ähnlich werden. Und auch hier ist noch die Frage nach dem Transportmittel und den damit verbundenen Kosten offen. Aber da stecken wir ja auch noch in der Planungsphase.
Was die Fixkosten anbelangt ist Franz inzwischen tatsächlich nahezu bei Null anbelangt.
Am Anfang der Reise hatte er noch eine Auslandskrankenkasse, doch mit der Entscheidung als Mönch zu leben, hat er diese ebenso aufgelöst wie sein Konto. Lediglich eine Haftpflicht existiert noch, die von Heiko mit übernommen wird.
Heiko kümmert sich außerdem um die Fixkosten der Homepages, die zum Teil über Vermietungen bezahlt werden und sich zum Teil inzwischen auch selber tragen.
Zukünftig sollen die verbleibenden Kosten für Versicherungen, Homepages, Visa, etc. komplett durch die Erlöse aus den Büchern und den Internetseiten finanziert werden.
Dafür freuen wir uns natürlich zum einen über Spenden von unseren Lesern. Zum anderen sind wir aber auch gerade dabei, ein großes Erlebnis- und Geschenke- Vergleichsportal aufzubauen.
Der Erlös der Seite kommt dann wieder unseren Projekten, also dem Aufbau und der Umsetzung der Reise, wie auch der Unterstützung unserer Partner zu Gute.
Wie sieht ein „typischer Weltreisetag“ bei euch aus?
Das kommt immer ein bisschen darauf an, wo wir uns gerade befinden.
Wenn man auf diese Art und Weise reist, dann orientiert sich der eigene Alltag recht stark an den Sitten und Gebräuchen des Landes, in dem man sich gerade befindet.
Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass wir den Tag um 8:15 Uhr beginnen.
Dann packen wir in Ruhe unsere Sachen zusammen, je nach Land frühstücken wir vielleicht noch oder auch nicht und gehen los.
Im Schnitt wandern wir etwa 20 Kilometer am Tag, was etwa vier Stunden reine Laufzeit entspricht.
Wenn es nicht gerade so kalt und ungemütlich ist, wie hier in Norddeutschland, machen wir meist unterwegs ein oder zwei Picknickpausen, setzen uns irgendwo an einen schönen Platz, essen ein bisschen was, machen vielleicht ein kurzes Schläfchen oder eine Meditation und gehen dann weiter.
Irgendwann zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr versuchen wir irgendwo anzulanden und einen Platz zum Schlafen aufzutreiben. Wenn wir uns dann an einem Ort befinden, an dem es irgendetwas interessantes gibt, drehen wir meist noch eine kleine Runde und schauen uns die Gegend an. Meistens kombinieren wir dies auch schon mit einem ersten Streifzug um Essen aufzutreiben.
Anschließend geht es zurück in unser Quartier, wo wir unser Lager aufbauen. Heiko arbeitet dann meist vom Bett aus und ich suche mir irgendwo einen Arbeitsplatz an einem Tisch oder an einer Heizung. Je nach Raumtemperatur hat mal das eine, mal das andere Priorität.
Im Balkan im Sommer verlief es ähnlich, nur dass es dort Bäume anstelle von Stühlen gab, um sich den Arbeitsplatz einzurichten.
Seit ich mich vom Schlafrhythmus her auf polyphasisches Schlafen umgestellt habe, mache ich dann in der Regel meine erste Schlafphase von 10-20 Minuten.
Den Nachmittag verbringen wir dann meist mit der Arbeit am Computer.
Je nachdem was gerade anliegt schreiben wir Artikel oder Tagesberichte für unseren Reiseblog, bearbeiten Bilder, schneiden Filme, schreiben an Büchern oder bauen die Erlebnisgeschenke-Plattform weiter auf.
Manchmal schreiben wir auch Artikel für Zeitschriften, geben Fernseh- oder Zeitungsinterviews oder führen ausgiebige Gespräche mit Pfarrern, unseren Gastgebern oder anderen Menschen, die unseren Weg kreuzen.
Je nachdem, ob wir bereits ausreichend Nahrung haben oder nicht machen wir uns dann gegen 19:00 Uhr noch einmal auf den Weg um unser Abendessen zusammen zu tragen.
Wenn alles gut läuft leiten wir dann gegen 19:30 Uhr bis 20:00 Uhr unseren Feierabend mit einem Work-Out ein. Dabei trainieren wir im Wechsel die Arm-, Bauch-, Bein- oder Po-Muskulatur, um einen Ausgleich für die doch eher einseitige Belastung des Wanderns zu schaffen.
Dann wird gekocht, sofern wir etwas zum Kochen haben.
In Deutschland und Großbritannien lief unsere Abendernährung bislang erschreckend oft auf Pizza, Döner und anderes Fastfood hinaus. Aber in der Regel kochen wir am liebsten selbst.
Zwischen 20:00 und 21:00 Uhr essen wir dann und anschließend lassen wir den Abend noch bei einem Film, einer Serie oder einer Folge Bauer sucht Frau oder Dschungelcamp ausklingen. Auch das ist einer der Vorzüge unserer Reise: Wir haben genug Zeit, um ganz in Ruhe auch einfach mal nur eine Serie schauen zu können, was zuvor als Selbstständiger ein Ding der Unmöglichkeit war.
Für Heiko endet der Tag dann meist gegen Mitternacht. Franz, der seine Schlafphasen ja mehr oder weniger gleichmäßig über den Tag und die Nachf verteilt setzt sich dann noch einmal in Ruhe an den Computer und erledigt die Dinge, die er den Tag über noch nicht fertig geschafft hat.
Um 8:15 Uhr geht es dann wieder daran, Heiko aus dem Traumland zurückzuholen und es beginnt ein neuer Tag.
Wie pflegt ihr von unterwegs eure Webseiten und Blogs?
Hierfür sind wie gesagt die Nachmittage und Abende da.
Da wir selber kein mobiles Internet haben sind wir hierbei natürlich immer darauf angewiesen, dass wir irgendwo her einen WLAN-Zugang bekommen, was je nach Land mal leichter mal schwerer ist. Dies ist auch einer der Gründe, warum unser Blog gerade jetzt im Moment in bisschen hinterher hingt, was die Aktualität der Tagesberichte anbelangt. Vor allem Großbritannien und Irland waren eine sehr internetarme Zeit. Langsam holen wir nun aber alles wieder auf.
Ihr habt oder hattet ja noch andere Unternehmungen. Ich lese da von einer Wildnisschule, Erlebnispädagogik, Survivalexperten, Hochseilgartentrainer, und noch vieles mehr. Was ist aus diesen Unternehmungen geworden, jetzt wo ihr schon so lange unterwegs seit?
Die meisten unserer früheren Projekte konnten wir glücklicherweise tollen Menschen anvertrauen, die sie in unserem Sinne weiter führen.
Die Feuershows, die Heiko früher regelmäßig für Hochzeiten oder andere Events gemacht hat, wurden von Matthias alias Mad-Hias übernommen, einem großartigen Feuer- und Jonglagekünstler, der nebenbei auch noch Lehrer ist.
Auch die Wildnisschule läuft noch immer im vollen Umfang, also mit Ausbildungen im Bereich Wildnis- und Erlebnispädagogik, mit Survivaltrainings, Wildniscamps und vielen anderen Angeboten weiter. Sie wird nun von einem kompetenten Team, das wir zum großen Teil selbst ausgebildet haben unter der Leitung von Axel Winter weiter geführt.
Ihr schreibt einen sehr intensiven und detailreichen Blog über eure Weltreise ohne Geld. Wenn man den ganzen Tag lang so dahin läuft hat man viel Zeit – zum denken, träumen, erkennen. Was ist eure bisher wichtigste Erkenntnis?
Das ist eine gute Frage!
Erst einmal vorweg: Ja, die Zeit beim Wandern ist eines der wichtigsten Elemente der Reise. Vor allem in Regionen wie der Extremadura, in denen sich die Landschaft teilweise über Wochen nicht verändert, hat man viel Gelegenheit, in den eigenen Seelenkeller zu blicken und zu schauen, welche Leichen man dort verbuddelt hat.
Selbsterfahrungen, die man normalerweise in der Gesellschaft im Rahmen von Ausbildungen oder Seminaren macht, kann man sich ein bisschen so vorstellen, als würde man mit einer Kerze in der Hand in den eigenen Seelenkeller gehen.
Eine Reise wie diese hingegen führt dazu, dass man einen Stadionflutscheinwerfer mit hinunter nimmt, der jeden noch so kleinen Schatten der eigenen Persönlichkeit ausleuchtet.
Das ist es auch, was Reisen so heilsam macht. Es ist nicht so, als würde man bei einer Reise alle Probleme hinter sich lassen. Viel mehr nimmt man all seine Lebensthemen mit, kann sie nun aber nicht mehr in der untersten Schublade eines Schrankes verstecken, sondern trägt sie stets offen erkennbar in seinem Rucksack mit sich herum und spürt ihre Last überdeutlich. Daher steigt plötzlich die Motivation, sich diesen Themen zu stellen und dies wiederum ist es, was heilt. Auch wenn es sich am Anfang nicht unbedingt so anfühlt.
Jeder von uns hatte dadurch im Laufe der Zeit viele größere und kleinere Erkenntnisse über sich sich selbst gewonnen und auch wenn wir feststellen mussten, dass diese Entwicklungsprozesse deutlich langsamer vonstatten gehen als man sich das häufig wünscht, hat sich jeder von uns seit Reisebeginn stark verändert.
Die größte und zentralste Erkenntnis, die wir jedoch gewonnen haben, steckt eindeutig in dem Satz: „Alles ist eins!“
Es ist einer der zentralsten Sätze, die man in nahezu jeder Religion oder Lebensphilosophie findet und die erst einmal ganz simpel und banal klingt.
Wenn man sich aber wirklich einmal bewusst macht, was es bedeutet, dann verändert es alles und man muss das komplette Weltbild über den Haufen werfen, dass man zuvor gehabt hat.
Es erklärt, wer oder was Gott ist, worin der Sinn unseres Lebens besteht und welche Lebensaufgabe wir zu erfüllen haben.
Es erklärt sogar, warum es Freud und Leid gibt und warum wir immer wieder mit so vielen Dingen und Situationen konfrontiert werden, die wir als negativ, ungerecht und grausam empfinden.
Tiefer auf dieses Thema einzugehen würde hier definitiv den Rahmen sprengen, denn wir haben allein in unserem Reisetagebuch inzwischen mehrere 100 Seiten dazu geschrieben. Wer tiefer eintauchen will, kann dort gerne alles Nachlesen. Angefangen vielleicht mit dem Artikel „Alles ist Eins!“ :-)
Wie reagieren die Menschen auf euch, die ihr unterwegs trefft? Könnt ihr von einer besonders schönen Begegnung berichten – und wo hat es euch bisher am besten gefallen?
Überwiegend ist die Reaktion sehr positiv.
Klar gibt es auch immer wieder Situationen, in denen man sich ärgert, weil man auf eine Art und Weise behandelt wird, die man selbst als unverschämt, aufdringlich, störend, belästigend oder kaltherzig empfindet, aber diese Erfahrungen sind bedeutend seltener als die positiven und es dauert meist nicht lange, um zu verstehen, dass sie auf ihre Art mindestens genauso hilfreich und wichtig waren, wie die angenehmen.
Es kam aber auch vor, dass wir einen kompletten Tagesbericht über mehrere Seiten damit gefüllt haben, uns über einen einzigen Menschen aufzuregen. Der Bericht „Die Schreckschraube“ aus dem ersten Jahr ist dafür ein gutes Beispiel.
Es gab aber auch viele sehr schöne und sehr bewegende Begegnungen.
Eine, die uns besonders tief berührt hat war beispielsweise in Frankreich, als wir einen Platz in einer kleinen Notunterkunft für Obdachlose bekommen haben. Erst als wir den Platz bezogen merkten wir, dass der Raum bereits bewohnt war. Ein junger, heroinsüchtiger Obdachloser hatte hier vor ein paar Tagen Quartier bezogen, weil er auf einen Platz in einer Entzugsklinik wartete.
Er selbst war bereits über unsere Ankunft informiert worden und reagierte auf die wohl edelste und selbstloseste Art, auf die man nur reagieren konnte. Er öffnete uns die Tür und hieß uns in dem kleinen, schäbigen Verschlag willkommen, wie in einem Palast. „Macht euch keine Sorgen, weil es hier nur zwei Betten gibt,“ sagte er freundlich, „ich habe schon eine Lösung gefunden. Ihr müsst morgen wieder früh aufstehen und habt eine lange Wanderung vor euch, aber auf mich wartet nichts besonderes. Deswegen werde ich einfach im Badezimmer auf dem Boden schlafen. Falls euch kalt wird, kann ich euch auch noch eine Decke geben. Aber leider wirklich nur eine, denn mehr habe ich nicht. Und wenn ihr etwas essen wollt, könnt ihr euch natürlich einfach bedienen, was mir gehört, gehört auch euch!“
Man muss bei dieser Geschichte noch erwähnen, dass wir kurz vorher mit einem Pfarrer gesprochen haben, der in einem Pfarrhaus mit drei Gästezimmern, zwei Wohnzimmern und vier Besprechungs- und Seminarräumen lebte und der sich nach einer halben Stunde Herumdruckserei schließlich dafür entschied, uns nicht einmal seine Garage oder seinen Gartenschuppen zur Verfügung zu stellen. Er fühle sich einfach nicht wohl damit, mit Fremden unter einem Dach zu schlafen. Diese Begegnung zeigte uns die Bandbreite von Gastfreundschaft noch einmal auf eine ganz neue Weise. Im Endeffekt haben wir den armen Mann dann aber natürlich nicht auf dem Toilettenboden schlafen lassen. Wir haben uns noch einmal im Ort umgesehen und sind dabei von einer freundlichen Dame in ihr privates Gästezimmer eingeladen worden.
Eure Webseite ist eine wahre Fundgrube und ich könnte wochenlang darin blättern und hätte noch nicht alles gelesen. Meine Fragen reißen eure Geschichte daher gerade so an. Was also möchtet ihr noch hinzufügen, wonach ich nicht gefragt habe?
Für einen einzelnen Artikel haben wir glaube ich jetzt schon fast ein bisschen zu viel geschrieben, also wollen wir hier an dieser Stelle gar nicht mehr so viel hinzufügen.
Wenn wir euer Interesse geweckt haben, dann werft doch einfach mal einen Blick in unser Reisetagebuch oder auch in unsere Bücher. Wir freuen uns auch jederzeit über eure Kommentare und beantworten gerne all eure Fragen.
Liebe Grüße
Eure Lebensabenteurer
Heiko und Franz
Letzte Aktualisierung am 2024-11-27 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
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Hallo, mir gefällt der Artikel!
Ich empfehle Rumänien als ein neues Reiseziel in Osteuropa. Dieses Land ist wirklich voll von schönen Orten. Da es Gegenden gibt, die man nicht zu Fuß durchqueren kann, habe ich ein Auto vom Flughafen aus gemietet, um diese Ziele leichter zu erreichen.
Die Agentur heißt PriceCarz und gefiel mir am besten wegen des Preises und des Zustands des Autos im Vergleich zu anderen Agenturen, bei denen ich war.
Ich danke Ihnen!
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Wow. Toll geschrieben. Ich musste den Bericht erstmal teilen, damit ich ihn wiederfinde und nochmal lesen kann. Wahnsinn. Respekt.
toller Bericht!
Total faszinierend. Ich bin begeistert.
Wunderbar :-) Hab ich sofort auf meiner Website veröffentlicht :-) Grüsse Marion :-)