10 Jahre Wagenleben – Wie konnte das denn passieren?!

Ende Mai 2009 haben wir den Kurzhauber bekommen. Im Dezember 2009 sind wir eingezogen. Zum 10-jährigen schreiben wir über die Hochs und Tiefs. All das Schöne. All das andere. Also, falls du etwas erfahren möchtest – schreib uns deine Frage(n)!

10 Jahre Wagenleben

Eins mal vorweg – eigentlich war das alles gar nicht geplant. Wir hatten nie vor im Wagen zu leben. Irgendwie sind wir das so reingerutscht.

Und das kam so.

2 Jahre Auszeit

Wir wollten eigentlich nur eine Auszeit von 2 Jahren und noch einmal mit den Fahrrädern durch Thailand reisen.

Und dieses Mal auch weiter nach Laos.

Daher haben wir beide unsere Jobs gekündigt und einen Mieter gesucht und gefunden, der zunächst befristet auf 2 Jahre unser Haus bewohnt hat.

Einen Teil unserer Möbel konnten wir im Haus lassen. Alles andere haben wir sehr kritisch durchsortiert. Und das meiste weggegeben. Den kleinen Rest konnten wir bei der Familie in einem ungenutzten Kellerraum unterbringen.

Besonders schmerzlich war es, uns von unseren langjährigen Mitbewohnern, den Katern Carlos und Winnie zu trennen.

Da die beiden nicht mehr die jüngsten waren (10 und 11 Jahre alt), wussten wir, dass es wohl ein Abschied für immer sein würde und wir wollten ein besonders schönes Zuhause und einen besonderen Menschen für sie finden. Was uns zum Glück gelungen ist.

Aber wir haben wegen der Kater auch lange, lange überlegt, ob es wirklich richtig ist, diesen Schritt zu machen. Warum sollten sie darunter leiden, dass wir etwas Neues machen wollen?

Bei der Durchsicht meiner Tagebücher aus dieser Zeit klingt dass, was ich hier gerade so stichwortartig erzähle, völlig anders. Es war eine wirklich schwierige Entscheidung für uns, diesen Schritt zu machen. Nicht nur wegen der Kater. Wir wussten ja gar nicht, was uns erwarten würde. Waren voller Aufregung und auch voller Sorge. Haben das Für und Wider immer wieder abgewogen. Pro und Contra Listen erstellt. Was man eben so macht.

Aber als wir uns endlich entschieden hatte, wurde es plötzlich ganz leicht.

Mit den Fahrrädern durch Thailand und Laos

Und so sind wir im Dezember 2007 mit extrem leichten Gepäck und unseren Fahrrädern nach Bangkok geflogen. Bis Juni 2008 verbrachten wir unsere Tage mit Radfahren in Thailand und Laos.

Und später damit uns darüber Gedanken zu machen, wie wir den Rest unserer freien Zeit gestalten wollten. Wir wären auch gerne noch länger in Thailand geblieben – aber dies ließen die Visabestimmungen nicht zu.

Australien mit dem Fahrrad zu bereisen war eine Option. Wir waren uns immer einig, dass zum Reisen und Menschen kennen lernen, das Fahrrad das beste Reisefahrzeug ist. Kein anderes Fahrzeug bietet einen so engen Kontakt zu den Mitmenschen und eine so entspannende Langsamkeit.

Statt weiter zu radeln sind wir aber nach Deutschland geflogen. Den Sommer haben wir schon immer am liebsten mit Freunden auf Festivals verbracht. Und so zog es uns zurück.

Wir hatten das große Glück, dass uns die Familie einen Caddy zur Verfügung gestellt hat, den wir um eine Schlafgelegenheit aufgerüstet haben. Wir konnten mehr Kram als zuvor mit uns herumschleppen und hatten bei Regen ein Dach über dem Kopf. Stressfrei konnten wir auch mal größere Entfernungen zurück legen, ohne uns großartig anstrengen zu müssen.

Mit dem VW-Bus nach Marokko

So wurde die Idee geboren, uns einen VW T3 anzuschaffen. Damit wollten wir im folgenden Winter durch Marokko fahren.

Der T3 mit Club Joker Westfalia Ausbau war Luxus pur. Wir hatten – einerseits überflüssige andererseits tolle – Dinge, wie einen Kühlschrank und sogar eine Heizung. Ein Dach, das nicht erst aufgebaut werden musste, wie unser Zelt und bei aufgeklapptem Hubdach sogar Stehhöhe.

In Marokko trafen wir viele Selbstfahrer – jenseits der weit verbreiteten Wohnmobilszene – mit interessanten Fahrzeugen. Der größte Nachteil am VW-Bus war die eher dürftige Einsatzmöglichkeit bei schwierigem Untergrund. Alleine auf der Anreise hatten wir uns drei Mal festgefahren und mussten raus gezogen werden.

Unter anderem haben wir in Marokko das erste Mal und gleich mehrere Mercedes Kurzhauber aus der Nähe gesehen. Und auch der ein oder andere Düdo ist uns dort über den Weg gefahren. Beeindruckt hat uns die Bodenfreiheit und der Allradantrieb bei den damals noch zu realistischen Preisen erhältlichen Haubern.

Damals gab es diesen Hype um derartige Fahrzeuge auch überhaupt noch gar nicht und das Exmo (Expeditionsmobil) war der breiten Masse noch unbekannt.

So wollten wir im darauffolgenden Frühjahr nur fix nach Deutschland fahren, uns einen preisgünstigen, aber etwas größeren, fahrbaren Untersatz besorgen und dann wieder nach Marokko. Denn dort hatte es uns gut gefallen.

Aber erstens denkt man anders, als es zweitens kommt.

Start ins Wagenleben

Bis nach Marokko haben wir es seit dem nie wieder geschafft. Aber einen bezahlbaren Kurzhauber, den haben wir gefunden. Seit Mai 2009 sind wir skeptische Besitzer eines Mercedes 710 Baujahr 1967.

Unsere Auszeit von 2 Jahren war im Sommer 2009 eigentlich vorbei.

Und so begann eine spannende Zeit.

Unsere Oma stellte uns ein Zimmer in ihrem Haus zur Verfügung. Und ihre Einfahrt, in der wir den Laster rudimentär ausbauen konnten.

Auch lief der Zeitmietvertrag für unser Haus aus. Immer mehr Gedanken mussten wir uns darüber machen, wie es wohl mit der Arbeit weitergehen wird.

Doch auch hier kam alles anders als ursprünglich mal geplant war:

  • Unser Mieter wollte gerne in unserem Haus wohnen bleiben.
  • Die Erfahrung der vergangenen 2 Jahren hatte gezeigt, dass wir mit den Mieteinnahmen ganz gut über die Runden kamen.

Und so werkelten wir den ganzen Sommer am neuen Reisefahrzeug. Statteten es mit einem minimalistischen OSB-Platten Interieur aus.

Nebenbei waren wir – wie jedes Jahr – viel auf Psytrance Festivals in Norddeutschland unterwegs.

Antaris Project 2009

Und gewöhnten uns langsam an den dekadenten Luxus, den dieses eigentlich nicht wirklich riesengroße Fahrzeug und der spartanische Ausbau im Vergleich zu Fahrrad und VW-Bus bot.

Aus der geplanten Marokkoreise wurde allerdings nichts. Aufgrund eines schweren Krankheitsfalls in der Familie fuhren wir im Winter nicht weg und hatten gleich zu Beginn des Wagenlebens das Vergnügen viele Erfahrungen zur Wintertauglichkeit des Wohnmobils zu sammeln. Und wissen jetzt, dass es bis – 18 Grad bewohnbar ist.

Den Winter verbrachten wir an der Bordsteinkante bei einem Freund vor der Tür – glücklicherweise mit Landstromanschluss. Wenn Zeit war unternahmen wir kleinere Ausflüge ins Bremer Umland.

So bemerkten wir auch, dass die Reisetauglichkeit unseres neues Reisegefährten noch nicht gegeben war. Deshalb knüpften wir Kontakte und tauchten in völlig neue Welten ein.

Über vieles haben wir uns in der Allrad LKW Gemeinschaft informiert und Verbindung zum damals noch ganz neuen Bremer Wagenplatz Querlenker aufgenommen.

Wir sind hier wie dort gut aufgenommen worden. Haben liebe Menschen kennengelernt und viel Hilfe erhalten.

Dabei haben wir festgestellt, dass uns neben den ganzen Overlandern, Offroadern, Homelandern, Campern, Wohnmobilisten, Vanlifern und Digitalen Nomaden – der Wägler, der einfach ein Sofa in seiner Karre stellt und einen Holzofen daneben, noch am nächsten ist. In den vergangenen 10 Jahren haben wir auf dem Querlenker viel Zeit verbracht, richtig viel gelernt und Freunde gefunden.

Hindernisse?

Damals nicht – und auch zu keinem anderen Zeitpunkt – war klar, dass wir über 10 Jahre in diesem alten Laster leben würden. Hätten wir das vorher schon gewusst, hätten wir gleich alles ganz anders gemacht.

Jacob PaWas fragt: Was waren eure größten Hindernisse, als ihr die Entscheidung getroffen habt in den LKW zu ziehen?

Aber wahrscheinlich auch nicht – schlau ist man ja immer erst hinterher.

Und vielleicht war es auch ganz gut so. Denn wenn etwas sicher ist, dann dass nichts sicher ist. Und wie man sieht, ist jeder Plan, den wir je gemacht haben, niemals genauso gekommen.

Ein Plan oder Traum war es zum Beispiel mit dem eigenen Auto nach Thailand zu fahren. Aber auf derartige Unternehmungen gerade außerhalb Europas haben wir aufgrund selbst auferlegter familiärer Verpflichtungen verzichtet.

Ende 2009 ist Olafs Vater gestorben. Daher verbrachten wir unseren ersten Winter im Wagen im kalten Deutschland. In den Jahren danach wollten wir Olafs Mutter unterstützen.

Und so beschränkte sich unser Reisehorizont auf den Süden Europas und wir verbrachten die Winter in Spanien, Portugal und Griechenland.

Die familiäre Verantwortung war also ebenfalls eine große Hürde.

Was sind wir den Eltern schuldig? Wie viel Unterstützung können und wollen wir geben?

Dagegen war: Wo lassen wir unseren Kram und was machen wir mit unseren Hobbys sehr pragmatisch und leidlos lösbar.

10 Jahre Wagenleben - Antaris 2013
10 Jahre Wagenleben - Portugal 2013

Träume

Es war nie ein Problem, wenn wir uns von Träumen und Plänen verabschieden mussten.

Gerade dadurch öffneten sich andere Türen und (nicht nur) im Rückblick war´s ne geile Zeit. Auch wenn wir es nie wieder nach Marokko geschafft haben. Mittlerweile reisen 2 Hunde und ein Kater mit – was auch nie geplant war.

Wir haben liebe Freunde in Brandenburg kennengelernt, bei denen wir mehrere Sommer verbringen durften und dort auch den Laster in Schuss halten konnten. Wir haben die Technik aufgearbeitet, den Rost bekämpft, eine Dachterrasse gebaut, einen neuen Innenausbau umgesetzt.

Und und und.

Antrieb

Roger fragt: Was habt ihr euch erhofft, was war der wesentliche Antrieb, es nicht anders zu versuchen? Habt ihr diesen Antrieb gefunden? Warum (glaubt ihr), ist dieser heute nicht mehr (so) wesentlich/wichtig?

Unser Antrieb war immer einfach eine schöne Zeit zu haben. Dafür ist es egal, wo wir sind. Ob am Strand in Portugal, auf einer Wiese in Brandenburg oder auf einer Weltreise.

Uns Ziele zu stecken, und diese zu erreichen hat mit Zufriedenheit nichts zu tun. Unsere Ziele nicht zu erreichen, steht dem Glücklichsein nicht im Weg. Wir sind ziellos glücklich, könnte man sagen.

10 Jahre Wagenleben - Sommer in Portugal 2016

Die Herausforderung ist, dass wir nichts bestimmen, entscheiden oder planen können und dass wir uns davon frei machen müssen, das zu glauben.

Die Herausforderung ist das Leben zu leben.

Wir können nur annehmen was kommt – und es ist alles okay.

Wie geht’s weiter?

Mit dem 2. Teil: 10 Jahre Wagenleben – Motivation, Für und Wider, Sicherheit!

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Kommentare zum Beitrag

10 Gedanken zu „10 Jahre Wagenleben – Wie konnte das denn passieren?!“

  1. Ein toller Artikel!

    –> Was sind wir unseren Eltern schuldig – das hat mich in den letzten Monaten (leider) auch sehr beschäftigt.

    Euch ein schönes Weiterreisen – 10 Jahre sind mal ein echtes Statement!

    Gruss, Heinz

    Antworten
  2. Schön geschrieben Steffi :) Danke für den Rück- und Einblick von euch Wir stehen im Prinzip gerade da wo ihr Ende 2007 wart, zwar nicht mit Fahrrädern sondern gleich mit dem Hauber Mal sehen was so kommt und viell. trifft man sich mal mit den beiden Haubern :D (y) ganz liebe Grüße ✌️

    Antworten
  3. Hallo, ich lebe jetzt 9 Monate im Van und überlege auch, das noch länger als vorgesehen durchzuziehen. Dazu müsste ich noch ein paar Brücken hinter mir abreißen. Ihr habt schon 10 Jahre, das ist erstaunlich!- und damit habt ihr sicher einen guten Überblick auf notwendige durchschnittliche monatlich Einnahmen bzw. umgekehrt, zu bewältigende Kosten.
    Könnt ihr darüber mal was sagen bitte?

    Antworten
  4. Da ist er ja, der angekündigte 10-Jahres-Rückblick.
    Danke für eure Berichte und Erfahrungen.

    Und ja, es kommt erstens immer anders, und zweitens als man denkt. Das durfte ich ja auch bei meinem (Kurzzeit)Abenteuer vor einigen Jahren feststellen.
    Das nächste kommt sicherlich, aber ein paar Jahre dauert es wohl noch.

    Noch ein paar weitere schöne Jahrzehnte wünsche ich euch, ob im Wagen oder anderswo…

    Antworten

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